Es ist zwar schon (oder noch) Montag (nee, doch schon
Dienstag) aber ich muss unbedingt noch meine Gedanken zum Sonntag zu Papier
bringen. Mein Laptop musste geladen werden, darum komme ich erst jetzt dazu.
Der gestrige Sonntag war ja der Besuchertag, und viel Eltern
und Freunde kamen. Es war warm um nicht zu sagen heiß, alles in einer guten
Stimmung und Atmosphäre.
Und so sollte der Tag ausklingen mit einem zünftigen
Abendstammtreff in der Region d.h. zusammen mit den anderen Hamburger Stämmen.
Kurz vor dem Abmarsch fing es leicht an zu regnen so dass wir unsere
Regenjacken anzogen. Kaum angekommen und hingesetzt setzte heftiger Regen
begleitet von richtig heftigem Wind. Alle Ranger blieben auf ihren Plätzen
sitzen, keiner verließ seinen Platz, kein Geschrei, keine Panik. Die Leiter
berieten sich kurz und brachen die Veranstaltung kurzerhand hab. Ihre Worte
konnte man nicht verstehen obwohl sie direkt vor uns standen und uns ihre
Entscheidung in Kasernenton-Lautstärke übermittelten. Ihre Gesten waren
eindeutig.
Und so machten wir uns, Klappstühle, Hocker und Bänke
tragend auf den ca. 200 Meter langen Rückweg. Und auch hier kein Geschrei, kein
Rennen und Schubsen, militärisch ausgedrückt: es war ein geordneter Rückzug.
Auf unserem Platz konnten wir trotz Dunkelheit und waagerecht! fallendem Regen
erkennen was los war. Die große Plane, als Sonnenschutz vor unserer Großjurte
als Sonnenschutz aufgespannt, hatte sich teilweise losgerissen und vollführte
im Sturm einen lärmenden Tanz. Die überall wehenden Fahnen verursachten
weiteren Lärm, dazu kam der auf die Zelte prasselnde Regen. Die Zeltplanen
schlugen gegen die Zeltstangen und zwar so heftig, dass sie umzufallen drohten.
Auch der Hauptmast der großen Jurte schwankte beachtlich. Und in diese
Großjurte wollten sich nun über 50 bis auf die Haut durchnässte Ranger retten.
Die Leiter bargen oder sicherten mit vereinten Kräften die losen Teile.
Unsere Großjurte hat zwar 8 Meter Durchmesser wird aber
überwiegend zu Lagerung unseres Materials genutzt sie war also nicht leer. Auch
hat sie natürlich keinen Lichtschalter mit dem man augenblicklich die ihr des
nachts innewohnende Dunkelheit vertreiben kann. Minutenlang das zuckende
Blitzlichtgewitter von Taschenlampen im Zelt bis wir unsere beiden großen
Gaslamppen gefunden und angezündet hatten.
Welch ein Bild: Ringsum Leiter, die Zeltstangen festhielten
und Wassersäcke im Zeltdach entleerten. Einige sicherten den großen Mast des
Zeltes durch zusätzliche Häringe. Die Kinder saßen auf Bänken und Kisten. Um
uns herum ein ohrenbetäubender Lärm, drinnen herrschte einigermaßen Ruhe. Auch
jetzt keine Panik, kein Geschrei. Ab und zu ging einer der Leiter „vor die Tür“
um zu sehen was die anderen Zelte „machten“. Auch dort mußte einiges zurecht
gezogen und gesichert werden.
Und dann…
haben wir gesungen. „Weine nicht wenn der Regen fällt, dam
dam, dam dam, es gibt einen der zu dir hält. Dam dam, dam dam…. Marmor, Stein
und Eisen bricht, aber Gottes Liebe nicht. Alles, alles geht vor bei, doch er
ist uns treu…“ Immer wieder sangen wir es, danach „Herr, Deine Gnade sie fällt
auf mein Leben, so wie der Regen auf das Bundescamp fällt“. Immer, immer
wieder.
Ich schwöre, ich habe in meiner 20-jährigen Rangerzeit
diesen Stamm niemals mit größerer Inbrunst und lauterer Kehle singen hören.
Selbst die notorischen „Nicht-Mitsinger“ waren dabei!
Langsam machte sich eine geradezu heitere Stimmung breit.
Die wurde noch gesteigert durch kreisende Chips- und Lachgummitüten. Jemand
machte heißen Tee.
Das Wetter hatte sich inzwischen beruhigt. Nach und nach
verzogen sich alle in die Schlafsäcke, die teilweise nass geworden waren.
Meiner auch. Aber nur äußerlich. Eine
Welle von Hilfsbereitschaft brach sich Bahn. Mir wurde eine trockene Isomatte
und Wolldecken angeboten, die ich dankend annahm.
An Tagen wie diesen… weiß man warum man Ranger geworden ist
(oder man verwünscht den Tag an dem man sich dafür entschieden hat ;-)).
Auf jeden Fall weiß man, dass man eine wirkliche Berufung
braucht um Ranger-Leiter zu sein.
Ich denke, dieser Tag hat unseren Stamm geprägt, ihn
zusammen wachsen lassen. Die Leiter haben gut geleitet, die Rangers haben ein
Vertrauen gezeigt, dass durch gute und gepflegte Beziehungen gewachsen ist. Ich
bin sicher, dass einige Rangers in 50 Jahren ihren Enkeln erzählen werden: 2014
war ich auf dem 3. Bundescamp…." Und vielleicht werden sie ihre Geschichte so beenden: "und ich bin dabei gewesen“.
Und ich bin auch dabei gewesen!
Bitte verzeiht, dass wir in der Situation keine Fotos
gemacht, wir hatten gerade keine Hand frei…